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Für ein Aufbrechen der rigiden patriarchalen Strukturen und die anhaltende Dominanz der Weißen
»Das beste Schreiben öffnet Verletzungen wieder und wieder und reinigt sie. So lässt das Trauma mit jedem Wort, jedem Satz, jedem Abschnitt, jeder Seite nach. Die wunden Stellen verwandeln sich in etwas, das im rechten Licht aussieht, als sei die Haut nie beschädigt worden. Was geschehen ist, ist geschehen. Eine solche Umwandlung ist in der jetzigen Ära unsere beste Option.« – Für Tsitsi Dangarembga sind Schreiben und politisches Engagement untrennbar miteinander verwoben, seit ihrer frühesten Jugend weiß sie um die Macht der Worte und die politische Kraft klarer Benennungen.
Die simbabwische Autorin und Aktivistin verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit in Großbritannien. Ihre Eltern hatten sich gezwungen gesehen, die Heimat zwecks besserer Ausbildungschancen zu verlassen und ein Ausbildungsstipendium in Großbritannien anzunehmen. Ohne unterstützendes soziales Netzwerk oder wirtschaftliche Ressourcen waren Betreuungsmöglichkeiten rar, weshalb Dangarembga und ihr Bruder während der Studienjahre ihrer Eltern bei einer weißen Pflegefamilie lebten. Im beschaulichen Kent erlebte sich Dangarembga zum ersten Mal als »fremd«. Sie bemühte sich um Anpassung, lernte die Landessprache – und fand trotzdem kaum Anschluss an die örtliche Gemeinschaft. Ihre Hautfarbe wurde plötzlich als oberste Definition ihrer selbst verwendet, mit einem Mal war sie nicht mehr Tsitsi, sondern nur noch »die Schwarze«. Ein Akt, den Dangarembga heute als Absprache ihrer Individualität und Menschlichkeit versteht.
Zuflucht fand sie schließlich im geschriebenen Wort, ihr Tagebuch wurde zum engsten Vertrauten, später reüssierte sie als erfolgreiche Schriftstellerin und Filmemacherin. Als Feministin und sozialer Aktivistin ist sie sich der politischen Kraft des Worts deutlich bewusst.
Gedankliche Dekolonialisierung
In ihrem ersten Sachbuch reflektiert die Bestsellerautorin ihr Dasein als schwarze Frau in einer patriarchalischen, weißdominierten Gesellschaft. Sie verwebt persönliche Erfahrungen mit der Geschichte Simbabwes und spannt einen großen historischen Bogen bis zum Beginn der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents und dem Ursprung der Rassenlehre, die den ideologischen Unterbau für die Gräueltaten der Besatzer bot. Heute gilt der afrikanische Kontinent als dekolonialisiert, auch Simbabwe ist seit 1980 eine unabhängige Republik. Die Spuren der Unterdrückung sind jedoch noch immer spürbar, sie prägen wirtschaftliche Strukturen, Machtverhältnisse und den Umgang mit Ressourcen. Angesichts der anhaltenden Missstände fordert Tsitsi Dangarembga einen Paradigmenwechsel und ruft zur gedanklichen Dekolonialisierung auf – ehrliches Reflektieren, Verantwortbarkeit und revolutionäres Umdenken sieht sie als Grundlage für ein globale Gerechtigkeit.
Schmerz, Wut und Ungerechtigkeit können Brennstoff für persönliche und gesellschaftliche Entwicklungen sein. Insbesondere schwarze afrikanische Feministinnen, die oftmals massiven Anfeindungen ausgesetzt sind, haben oftmals eine Resilienz entwickelt, die über ihr individuelles Selbst hinausgeht. Denn sie sind das, was die Welt am liebsten annihilieren würde: Ein Albtraum. Superheldinnen. Tsitsi Dangarembga ist eine von ihnen. Ihr erstes Sachbuch ist knapp, prägnant und von großer Wucht. (Übersetzung aus dem Englischen von Anette Grube.)
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