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In den ersten drei Folgen seiner vierteiligen Artikelserie hat uns Bestseller-Autor Norbert Häring (Endspiel des Kapitalismus) die Gefahren der sozialen Mega-Maschinen erläutert.

Im abschließenden vierten Teil zeigt uns Norbert Häring eine mögliche Lösung für unser zukünftiges Miteinander – ohne Manipulation durch die Regierenden.

China als unbrauchbares Vorbild

Der Erfolg der chinesischen Einparteienregierung beim Social Engineering und dessen Beliebtheit im Volk, üben eine Faszination auf die Technokraten der Global Governance aus, die demokratische Institutionen als lästige Stolpersteine auf dem Weg zur Verbesserung der Welt betrachten. Kein Wunder daher, dass Internationaler Währungsfonds, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Weltwirtschaftsforum und die mächtigen Stiftungen digitales Zentralbankgeld, Sozialkreditsysteme, globales Grundeinkommen und andere Instrumente des Social Engineering propagieren.

Dass in China nicht nur bei der Regierung, sondern auch in der Bevölkerung ein solcher Bedarf an zentraler Bewertung der Vertrauenswürdigkeit herrscht, lässt sich mit der ausgesprochen stürmischen wirtschaftlichen Entwicklung erklären. Diese hat im Rekordtempo traditionelle soziale Bindungen aufgelöst, mit dem Ergebnis eines Vertrauensvakuums. Dieses Vakuum von oben zu füllen sind die kommunistische Regierung und mit ihr assoziierte private Konzerne angetreten, per Social Engineering.

Soziale Bindung in freien Gesellschaften

Es gibt eine Alternative, zumindest für Gesellschaften, die sich nicht in einem derart radikalen Umbruch befinden, sondern über gewachsene demokratische und soziale Strukturen verfügen. Doch diese Alternative ist für technokratische Herrscher denkbar unattraktiv. Sie besteht darin, soziale Bindungen zu stärken, auch zu Lasten des freien aber anonymen Marktes. Zu denken ist etwa an Vereine, Gewerkschaften, Betriebsräte, Genossenschaften, Sozialverbände, die nicht nur erlaubt sind, sondern auch wichtige Aufgaben haben, von der Interessenvertretung für Arbeitnehmer über die Versorgung mit Wohnraum, bis zur sozialen Sicherung. und Gesundheitsversorgung.

Aber derartige Gruppierungen zu fördern und zu ermächtigen, läuft dem Interesse technokratischer Herrscher an Abwesenheit von Opposition und an Abwesenheit jeder Diskussion über die vorgegebenen Ziele diametral entgegen. Denn es würde die Menschen dazu animieren, sich für gemeinsame Interessen zusammenzuschließen und zu engagieren, und das kann leicht auch gegen die Regierung gehen. Aus den gleichen Gründen ist das Social Engineering auch bei den Regierenden in unseren Breiten beliebt. Wer regiert nicht lieber ohne Opposition, und ohne seine Absichten und Ziele rechtfertigen und gegen konkurrierende Ziele und Interessen verteidigen zu müssen.

Das von oben forcierte Wegschrumpfen von Bereichen und Beziehungen der Gesellschaft, die über Geben und Nehmen auf der Basis von Fairness, Fürsorge und langfristiger gegenseitiger Abhängigkeit funktionieren, sorgt dafür, dass sich moderne Gesellschaften über das Geldwesen so gut steuern lassen, etwa über programmierbares Geld. Je schwächer die sozialen Beziehungen zwischen den Menschen werden, desto stärker werden Staatsmacht und Geldmacht.

Soziale Bindung als Sicherheitsnetz

Das Problem ist nicht zu viel individuelle Freiheit oder zu wenig davon, wie unter anderem der Publizist Charles Eisenstein nicht müde wird zu betonen. Das Problem ist, dass die für eine gesunde Gesellschaft notwendigen Begrenzungen der individuellen Freiheit von der falschen, der zentralistisch orientierten Seite kommen. Die gegenseitigen gesellschaftlichen Bindungen und Austauschbeziehungen wurden zu sehr geschwächt. Wir stecken immer weniger in vielfältigen dezentralen Strukturen, die dafür sorgen, dass alle die Konsequenzen ihres Handelns für andere zu spüren bekommen und sich dafür verantworten müssen. Dadurch entsteht ein Mangel an sozialer Kontrolle und gegenseitigem Vertrauen. Diesen Mangel beheben technokratisch orientierte Regierende nur zu gern mit zentralen Systemen der individuellen Verhaltenssteuerung.

Eine Machtbegrenzung für diejenigen, die besonders viel Geld und die Kontrolle haben, erreichen wir im persönlichen Bereich am besten dadurch, dass wir uns durch vielfältige soziale Bindungen mit der Aussicht auf gegenseitige Unterstützung im Bedarfsfall ein Sicherheitsnetz aufbauen. Das ist mehr wert als ein Hort von Bitcoin, Gold, Nahrungsmitteln und sonstigen Prepper-Utensilien. Wenn uns dann das Konto gesperrt wird, sind wir nicht gleich hilflos und ausgeliefert. Ein für einige Zeit auskömmlicher Vorrat an Bargeld ist darüber hinaus natürlich sehr wichtig.

Als Gesellschaft erreichen wir die Machtbegrenzung am besten, indem wir wichtige Lebensbereiche dem monetären Bereich entziehen. Dazu zählen zum Beispiel Bildung, Gesundheit und Wohnen.

Wenn wir beides umsetzten, käme niemand mehr auf die Idee, wir könnten ein Sozialkreditsystem brauchen.

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